Was sprießt denn da, bei der Eiseskälte?

Tja meine Lieben, ich hab das Klima ausgetrickst, den Winter hintergangen, einfach wieder einmal ein bisschen Gott gespielt. Habt ihr erst mal den Staub von der einsamen Fensterbank gepustet, ist auch schon der erste Schritt getan für eure persönliche Sprossenzucht, die sich das winterliche Treiben ganz gemütlich von drinnen ansieht und von den Temperaturen unbeeindruckt bleibt.

Ich muss zugeben, dass ich ein Sprossen-Spätzünder bin. Sicher, jeder von uns weiß von Klein an ein Butterbrot mit Kresse zu schätzen und der Geschmack ist uns allen wohlbekannt. Schon in der Volksschule haben wir mit großen Augen bestaunt, wie sich die tapferen kleinen grünen Stiele durch das kuschelige Watteparadies geschoben haben. Doch seit einiger Zeit erleben Sprossen im Allgemeinen ihre Renaissance (nach 5 gescheiterten Schreibversuchen schließlich doch im Duden nachgeschlagen und richtig geschrieben). Ob dies zu Recht geschieht wollte ich schließlich und endlich doch auch selbst ausprobieren.

Ist der Trend berechtigt?

Überall stoße ich auf Berichte über tolle Keimsprossen-Häuschen aus Terrakotta mit Siebeinsatz zum Erleichtern der Sprossen-Erziehungsarbeit. Doch ich habe beschlossen erst mal den umständlichen Weg zu gehen und anschließend für mich zu entscheiden ob ich diesen Trend mitmachen möchte oder –  wie damals, als es plötzlich überall diese scheußlichen Overalls zu kaufen gab – beschließe, dass ich nicht alles toll finden muss, was in den Medien gehypt wird (ich stamme noch aus der Zeit, wo man jahrelang Skioveralls trug, mein Bedarf dafür ist also definitiv für die nächsten 30 Jahre gedeckt. Reden wir also wieder drüber, wenn ich in Pension bin, da find ich es ja vielleicht dann ganz gemütlich).

Na, jedenfalls habe ich meine Schubladen durchwühlt und doch tatsächlich noch zwei Zuckerlgläser von IKEA gefunden, die letztes Jahr meinen Hochzeits-Sweet-Table geschmückt haben, und befunden, dass die ihren schlechten Einfluss auf meine Ernährung wieder gut zu machen haben indem sie vom Zuckerl- zum Sprossenglas umfunktioniert werden. Zum Start habe ich mir im Bio-Laden den Keimsprossenmix von Sonnentor gekauft, mit Linsen, Senfkörnern und Bockshornklee.

Keimsprossen selber ziehen – so geht‘s

In einem ersten Schritt wird das Keimsprossen-Saatgut in Wasser eingeweicht

Die Körnderln werden erst mal für einige Stunden eingeweicht (Details könnt ihr immer in der Beschreibung auf der Packung entnehmen, in meinem Fall waren 4-6 Stunden angegeben). Dann werden sie gespült – ich habe

  • das Glas geflutet und
  • allesamt in ein Küchensieb geschwemmt,
  • dann unter fließendem Wasser abgespült,
  • das Glas noch ein bisschen ausgespült,
  • die Samen etwas abtropfen lassen und
  • wieder zurück ins Glas gegeben.

Diese Prozedur soll man nun ein paar Mal am Tag durchführen. Je besser und öfter man spült, umso geringer ist die Gefahr, dass die neu erschaffene grüne Welt den falschen Grünton erlangt und zu schimmeln beginnt.

Für einen ersten Versuch wurden meine IKEA-Zuckerlgläser zu Keimgläsern umfunktioniert

 

Der etwas praktischere Ansatz, wenn ihr keinen Sprossenturm besitzt, ist es übrigens, ein Konservenglas zu verwenden und euch einen Siebdeckel zu basteln. Also entweder durchlöchert ihr einen Deckel oder ihr verwendet gleich ein Netz, wie z.B. ein gut gewaschenes Fliegennetz, oder zwei Lagen Tüll, welche(s) ihr über die Öffnung spannt, denn so könnt ihr einfach Wasser in das Glas gießen und die Sprossen spülen, euer Glas auf den Kopf stellen und das Wasser wieder abfließen lassen ohne sie jemals aus dem Glas zu entfernen. Gar nicht mal so übel, was?

Abwechslung am winterlichen Menüplan

Warum ich mir diesen Versuch antue? Nun, so sehr ich das winterliche Wurzelgemüse liebe, irgendwann ist es einfach Zeit für ein bisschen Abwechslung, die ich mir durch meine neuen kleinen Freunde erhoffe. Dabei sind meine Pläne keine großen: ich möchte einfach meinen Salat ein bisschen aufmotzen, träume von einem Butterbrot mit Grünzeug und Salz und stelle mir vor, dass sich die Sprossen auch auf einem Guacamole-Brot gut machen könnten.

Nun warte ich also. Und führe brav 3 mal pro Tag das Wasch-Ritual durch. Das hat schon etwas meditativen Charakter, das sag ich euch!

Was habe ich nun alles für Abenteuer durchlebt und wie hat’s geschmeckt?

Die Keimsprossen sind essfertig, hurra!

Ich hab’s geschafft, die kleinen Pflänzchen sind wohlauf und recken ihre Köpfchen in Richtung Sonne (oder sagen wir, in Richtung Lichtquelle, denn in die pralle Sonne solltet ihr die Jungspunde nicht stellen). Kurz dachte ich schon, sie seien verloren, als ein paar von ihnen einen flaumigen Teenager-Bart ansetzten, aber nach ein bisschen Internet-Recherche war klar: die wollen bloß Wurzeln schlagen und haben sogenannte Wassersuchwurzeln gebildet. Vom Schimmel unterscheiden könnt ihr sie, weil die feinen Härchen nur an der Wurzel auftreten, aber nicht am Samen.

Die kleinen Keime recken ihre Köpfe in Richtung Sonne
In einem kleinen Schälchen angerichtet, sehen sie gleich noch appetitlicher aus

Nun hatte ich tatsächlich eine ganze Menge Keimsprossen zur Verfügung, um mich auszutoben. Sämtliche Kombinationen haben mich begeistert: Butterbrot, Avocado-Aufstrich, Suppen-Topping, Nudel-Deko – überall waren sie mit dabei und haben stets eine gute Figur gemacht. Die Linsenkeimlinge schmecken ein bisschen wie junge frische Erbsen und die Senf-Pflänzchen haben eine angenehme Schärfe: wirklich eine willkommene Abwechslung am winterlichen Speiseplan. Bei uns kommen sie jedenfalls ab jetzt öfters auf den Tisch!

Die Keimsprossen sind schon appetitlich arrangiert und warten auf ihren Einsatz!

 

Hmmm, iss das, das ist gesund!

Ein Satz der uns immer skeptisch werden lässt, oder? Doch tatsächlich haben Sprossen einen ungewöhnlich hohen Anteil an Vitaminen und Nährstoffen, sowie wir es bei Pflanzen in einer späteren Phase nicht wieder finden werden. Auch die gleiche Menge an frischem Gemüse kann hier nicht mithalten. Wenn sie erst einmal essfertig sind, kann man sie auch noch ein paar Tage im Kühlschrank aufbewahren. Jedoch nicht zulange, denn sonst würden sie austrocknen und an gesunden Inhaltsstoffen verlieren.

Was sind eure Lieblings-Keimlinge? Habt ihr ein tolles Rezept mit Keimsprossen, das ihr mit uns teilen möchtet?

Viel Freude beim Gärtnern im Kleinformat!

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